Verbale Überraschungsangriffe meistern

In einem Workshop für eine große österreichische Bankengruppe:  Manchmal sind die Auswirkungen der internationalen Finanzkrise recht schmerzhaft für die Mitarbeiter spürbar.  Dann nämlich, wenn ihnen ein Kunde aus heiterem Himmel eine „verbale Ohrfeige“ verpasst – ein harter Vorwurf im Stile von „ihr seit’s ja alles Gauner in den Banken“.

Verbale ÜberraschungsangriffeEin unmittelbarer verbaler Angriff bedeutet Stress. Biologisch ist der Mensch in so einer Situation programmiert auf die uralten Verhaltensweisen: Kampf oder Flucht. Adrenalin wird in unserem Körper frei, unser Denken wird beeinträchtigt, die Sinneswahrnehmung eingeschränkt und die Kommunikation ist wenig effektiv.

Was wir in so einer Situation brauchen ist eine Möglichkeit die ersten paar Sekunden gut zu meistern – diesen Moment der Überraschung, wo uns erst mal die Luft wegbleibt, wo uns der Vorwurf trifft.

Bei einem unmittelbaren Angriff ist es wichtig zuerst den eigenen Selbstwert zu schützen. Daher muss ich mich zunächst behaupten und auf alle abwertenden Angriffe gegen mich entschieden reagieren, ohne den anderen im Gegenzug abzuwerten. Dann kann ich das Gespräch in positive Bahnen lenken.

Ein möglicher Gesprächsablauf könnte folgendermaßen aussehen:

1.   Ernst nehmen der Person und ihres Problems

Ich bejahe die Herausforderung, akzeptiere den anderen, der ein Problem hat und zeige ihm, dass ich ihn und sein Anliegen ernst nehme:

„Ok, freut mich, dass Sie so offen zu mir sind“. Es tut mir sehr leid, dass etwas schiefgelaufen ist und Sie sich ärgern müssen“

2.   Aus der Schusslinie gehen

Instinktiv weichen wir einem Angriff erst mal aus; diesem natürlichen, körperlichen Reflex sollten wir folgen und ihn als Basis für unsere Kommunikationswerkzeuge nutzen. Damit stelle ich mich auch auf die gleiche Seite wie der Angreifer und kann den Vorwurf vor beide Beteiligte hinstellen.

3.   Abgrenzen durch Ich-Botschaft

Ich grenze mich von diesem Angriff ab und übernehme die Verantwortung für meine Gefühle. Damit nimmt mich der andere als Person wahr die auch ihre Grenzen hat.

„Wenn ich so einen harten Vorwurf bekomme (Fakten), da bleibt mir jetzt mal die Luft weg (konkrete Auswirkung), das tut mir jetzt weh (Gefühle ansprechen)“

4.   Vorwurf zur Sache machen – Wiederholen

Dann möchte ich verstehen, was genau die Störung ist, welche Punkte genau den anderen stören:

„Können Sie mir nochmals sagen, was sie genau stört?“

Ich wiederhole die Aussagen des anderen kurz, um eigene Fehlinterpretationen zu vermeiden. Dabei formuliere ich unklare, negative oder aufgebauschte Aussagen positiv und realistisch um. Zusätzlich signalisiere ich dem anderen, dass ich ihn verstanden habe, sonst sieht er sich möglicherweise gezwungen den Vorwurf ständig zu wiederholen, lauter zu werden usw.

„Habe ich sie richtig verstanden, Sie meinen also, dass …“

5.   Hinwendung zur Person

Wenn es dann darum geht herauszufinden um was es dem anderen tatsächlich geht, wende ich mich dieser Person wieder zu, zeige ihm, dass ich offen für seine Anliegen bin.

6.   Intentionsfrage

Jetzt kann ich herausfinden was das tatsächliche Anliegen des anderen ist. Das geschieht durch die Frage:

„Ich würde jetzt gerne verstehen, um was es Ihnen dabei geht, damit wir leichter eine passende Lösung finden?“

Nützlich dabei ist es, dem anderen zu helfen, herauszufinden was der tiefere Grund für dieses Anliegen ist:

„Worum geht es Ihnen letztlich? Was möchten sie überhaupt?“

7.   Eigenes Anliegen ausdrücken und konsequent vertreten

Nachdem ich das Anliegen des anderen verstanden und akzeptiert habe, kann ich daran gehen mein Anliegen auszudrücken:

„Ok, Ihnen geht es also um …. Darf ich Ihnen sagen um was es mir geht?“

„Mir ist es wichtig, dass wir gemeinsam besprechen, was wir tun können in dieser Situation“

Erst jetzt haben wir ein Problem. Das wir dann gemeinsam aufarbeiten können. Zum Beispiel mit der Problemlösetechnik ALBERT. Dazu mehr in einem nächsten Beitrag.